In den Wirtschaftswissenschaften gilt die Große Depression der 30er Jahre als eine einzigartige Möglichkeit ökonomische Theorien einem entscheidenden empirischen Test zu unterziehen. Die Auseinandersetzung von Ökonomen und Historikern mit dieser Zeit wird zudem durch den Umstand verstärkt, dass die Zwischenkriegszeit gemeinhin als "Jahre der hohen Theorie" (Shackle) angesehen werden, in der gleichzeitig die traditionellen Theorien ausgeformt und neue revolutionäre entwickelt worden sind. Dies gilt besonders für das stets an Kontroversen reiche Feld der Geld- und Konjunkturtheorie, in dem einander unter anderem Anhänger verschiedener Theorien neoklassischen Typs, proto-keynesianischer und proto-monetaristischer Ansätze sowie der Keynesianischen Revolution gegenüber standen. Die Große Depression und deren theoretische Erklärungen bieten insofern das Material für eine Fallstudie über die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen ökonomischer Theorie, öffentlicher Meinung und den Optionen der Wirtschaftspolitik. Hiebei ist ein entscheidendes Element des Zusammenhangs von Theorie und Politik, dass der Glaube an die Gültigkeit der ökonomischen Theorie die Grenzen und damit den Handlungsspielraum der Wirtschaftspolitik bestimmt. Die Analyse dieses Zusammenhanges bildet das Kernstück des Projekts, in dem eine Synthese aus den Ansätzen der Wirtschaftstheorie, der Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der Wirtschaftstheorie angestrebt wird. Innerhalb der allgemeinen Fragestellung setzt das Projekt zwei Schwerpunkte: Demnach werden einerseits die unterschiedlichen theoretischen Ansätze zur Frage der Löhne, insbesondere ob Lohnsenkungen ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Depression der 30er Jahre darstellte, kritisch verglichen, anderseits wird ein Schwerpunkt auf die besondere Rolle der Österreichischen Schule der Nationalökonomie gesetzt, sowohl in ihrer Auseinandersetzung mit konkurrierenden Ansätzen als auch in ihrem Einfluss auf die tatsächliche Wirtschaftspolitik.