Abstract
Vor vollem Haus ging am 27. 11. 2018 die mündliche Verhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsbeschwerde gegen die EUBankenunion über die Bühne. Die EU-Bankenunion ist wohl das ambitionierteste Integrationsprojekt der jüngeren Geschichte, das bisher gänzlich ohne Änderung der EU-Verträge (teil)realisiert wurde. Sie hat zum Ziel, künftige Bankenkrisen vor allem im Euro-Raum zu verhindern, die Finanzstabilität zu verbessern sowie „ausfallende“ oder „wahrscheinlich ausfallende“ Banken geordnet und möglichst ohne Zuhilfenahme von Steuergeldern „abzuwickeln“. Sie besteht aus drei Säulen: Während mit den „Mechanismen“ für die Einheitliche Bankenaufsicht („Single Supervisory Mechanism“, SSM) und die Einheitliche Bankenabwicklung („Single Resolution Mechanism“, SRM) die ersten beiden Säulen praktisch stehen, lässt die Vollendung der dritten Säule und damit der Bankenunion insgesamt weiter auf sich warten, solange keine Einigung über ein genuines Europäisches Einlagensicherungssystem besteht. Das Besondere an den ersten beiden Säulen ist u. a. die gewählte rechtliche Konstruktion zu ihrer Schaffung und zur Übertragung von Aufgaben und Befugnissen der Aufsicht und Abwicklung von Banken auf Unionsorgane und -einrichtungen: Dies erfolgte auf Basis bestehender vertraglicher Rechtsgrundlagen in Form von zwei EU-Verordnungen sowie unter Zuhilfenahme eines separaten völkerrechtlichen Vertrags, den die Euro-Staaten untereinander schlossen. Damit sowie mit den damit verbundenen ökonomischen Implikationen beschäftigt sich die gegenständliche Verfassungsbeschwerde, die vom BVerfG eine „Ultra-viresKontrolle“ verlangt: Das Gericht soll die betreffenden EU-Rechtsakte als offenkundige und gesamtstrukturell relevante Kompetenzüberschreitung von EU-Organen identifizieren und für „ultra vires“, d. h. für in Deutschland unwirksam erklären.
Originalsprache | Deutsch (Österreich) |
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Seiten (von - bis) | 54 - 59 |
Fachzeitschrift | Recht und Politik |
Jahrgang | 55 |
Ausgabenummer | 1 |
DOIs | |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2019 |
Österreichische Systematik der Wissenschaftszweige (ÖFOS)
- 506004 Europäische Integration
- 505026 Verfassungsrecht
- 505003 Europarecht
- 505012 Öffentliches Recht