Abstract
Wegen des großen Zustroms von Flüchtlingen nach Österreich unternimmt der Staat mehr und mehr Integrationsbemühungen. Eine davon ist, Flüchtlinge und Asylberechtigte in sogenannten „Wertekursen“ auf das Leben in Österreich vorzubereiten: Die Neuankömmlinge sollen hier unter anderem die Prinzipien einer liberalen, europäischen Demokratie kennenlernen. Gleichzeitig geistert im staatsrechtlichen Denken der Begriff der „religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates“ herum. Er meint, kurz gesagt, dass sich der Staat mit keiner Religion oder Weltanschauung identifizieren darf, keine von diesen bevorzugen oder benachteiligen und seine Rechtsunterworfenen nicht auf die eine oder andere ethische Position verpflichten darf. Die Prinzipien einer liberalen Demokratie sind nun aber ebenso Ausfluss einer Weltanschauung. Steht es dem liberalen, demokratischen Staat zu, Liberalismus und Demokratie mit staatlicher Zwangsgewalt durchsetzen? Also Wertekurse vorzusehen und bei deren Nichterfüllung Sozialleistungen zu streichen? Der Beitrag unternimmt eine erste Untersuchung dieser Fragen mit dem Ergebnis, dass der historische Kompromisscharakter des B-VG, verbunden mit der Funktion der Grundrechte in der Demokratie, den demokratischen Prozess erst zu ermöglichen, die Grundlage für eine wohlverstandene weltanschauliche Neutralität im österreichischen Verfassungsrecht sind. Die Wertekurse haben dementsprechend die weltanschauliche Neutralität selbst zu ihrem Inhalt zu machen.
Original language | German (Austria) |
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Pages (from-to) | 309 - 323 |
Journal | Journal für Rechtspolitik (JRP) |
Volume | 24 |
Issue number | 4 |
Publication status | Published - 2016 |
Austrian Classification of Fields of Science and Technology (ÖFOS)
- 603117 Philosophy of law
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